Die Regelung in der Satzung einer gemeinnützigen GmbH, wonach im Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters eine Abfindung nur in Höhe des Nennbetrags seiner Stammeinlage zu leisten ist, ist nicht nach § 138 BGB nichtig (…). Wenn die Gesellschaft steuerbegünstigte Zwecke i. S. d. §§ 55 ff. AO verfolgt ist die Klausel zulässig und geboten (OLG Hamm, Urt. v. 13.04.2022, Az. 8 U 112/21).
Über das Vermögen der „A Pflege-Dienste Ruhr gGmbH“ wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Essen das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Gesellschaftsvertrag heißt es unter anderem: „Scheidet ein Gesellschafter durch Kündigung, Einziehung oder durch eine die Einziehung ersetzende Übertragung an einen Dritten aus der Gesellschaft aus, steht ihm eine Abfindung zu. Die Abfindung berechnet sich nach dem Nennwert des Anteils des ausscheidenden Gesellschafters.“ Und weiter: „Im Falle der Einziehung des Geschäftsanteils erhält der betroffene Gesellschafter nur den Nennwert seiner Stammeinlage erstattet.“
Der hiesige Kläger, Insolvenzverwalter über die in Konkurs geratene gGmbH, begehrt hingegen für eine der Insolvenzschuldnerinnen, einer ehemaligen Gesellschafterin, die Zahlung des vollen wirtschaftlichen Werts ihrer Anteile an der Beklagten. Die Beschränkung auf den Nennbetrag der Stammeinlage sei insolvenzzweckwidrig. Außerdem sei die Reglung wegen des großen Abstandes zwischen dem Nennwert und dem Verkehrswert des Geschäftsanteils und der damit einhergehenden grob unbilligen Benachteiligung der ausgeschiedenen Gesellschafterin als sittenwidrige Klausel zu qualifizieren.
Die Beklagte meint hingegen, dass die Beschränkung der Abfindung aufgrund ihrer Gemeinnützigkeit und „Selbstlosigkeit“ i. S. v. § 55 AO zulässig sei. Gerade um den Status als gemeinnützige GmbH zu erhalten, sei die vertragliche Regelung erfolgt, zumal eine andere Regelung als die Nennwertabfindung zu einem Entzug der Anerkennung der Gemeinnützigkeit geführt hätte.
Das Landgericht betrachtete die Regelungen im Gesellschaftsvertrag als wirksam an und hat die Klage abgelehnt. Hiergegen wehrt sich der Kläger mit dem Rechtsmittel der Berufung.
Das OLG Hamm hat die Klage ebenfalls als unbegründet abgewiesen. Die Gesellschaft müsse keine höhere, am Wert des Geschäftsanteils orientierte Abfindung, zahlen. Aufgrund der wirksamen Regelung im Gesellschaftsvertrag habe die Insolvenzschuldnerin nur einen Anspruch auf Abfindung in Höhe des Nennwertes ihres Anteils. Eine höhere Abfindung könne sie nicht beanspruchen.
Die Klausel sei vollumfänglich wirksam, die Beschränkung des Abfindungsanspruchs auf den Nominalbetrag der Einlage sei im Hinblick auf den ideellen Zweck der Beklagten nicht nur ausnahmsweise zulässig, sondern gar rechtlich geboten. Die Beklagte ist eine gemeinnützige GmbH, die steuerbegünstigte Zwecke i. S. d. §§ 55. AO verfolgt, sodass die von dem Kläger beanstandete Satzungsgestaltung nötig sei. Es müsse nämlich sichergestellt sein, dass die Gesellschafter keine Zuwendungen aus Mitteln der Körperschaft erhalten. Das Vermögen könne selbst im Fall der Auflösung nicht den Gesellschaftern zufließen, sondern muss ausschließlich für gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke verwendet werden, so das Gericht.
Die Beschränkung der Abfindung auf den Nennbetrag der Stammeinlage ist bei gemeinnützigen GmbHs rechtlich geboten, da die Gesellschaft ihr Vermögen stets für gemeinnützige Zwecke zu verwenden hat.